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19. Systemwissenschaftliches Kolloquium

Wintersemester 2012/13

Mittwochs 16 Uhr c.t. - 18 Uhr s.t., Barbarastr. 12, Raum 66/E01

Terminübersicht

31.10.2012
Prof. Dr. Angela Stevens
, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Mathematische Modellierung von Zellbewegung und Strukturbildung.

07.11.2012
Prof. Dr. Florian Jeltsch, Universität Potsdam
Landnutzung in Savannen - vom Management komplexer, instabiler Systeme.

14.11.2012
Prof. Dr. Sven Lautenbach
, Universität Bonn
Ökosystemare Dienstleistungen - Konzept, Forschungsstand, Bewertungsansätze und Analyse von Zielkonflikten.

21.11.2012
Prof. Dr. Ulrich Brose, Universität Göttingen
- der Vortrag von Herrn Brose musste leider ausfallen -

28.11.2012
Prof. Dr. Jörn Fischer, Leuphana-Universität Lüneburg
Integration by case, place and process: a small team approach to understanding social-ecological systems.

05.12.2012
Prof. Dr. Felix Müller, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Ökosystemare Bewertungsverfahren und Ecosystem Services.

12.12.2012
Prof. Dr. Ulrike Feudel, Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg
Biodiversität im Ozean: Koexistenz von Arten im Nichtgleichgewicht.

19.12.2012
Prof. Dr. Klaus Troitzsch, Universität Koblenz-Landau
Dynamische Modelle sozialer Systeme: Was an sozialen Systemen Besonderes ist, und warum wir agentenbasierte Modellierung brauchen.

16.01.2013
Prof. Dr. Tatiana Filatova, University of Twente
Behavioral changes and crisis: modeling abrupt structural shifts in complex socio-ecological systems from the bottom-up.

23.01.2013
Dr. Maja Schlüter, Resilience Centre, Stockholm University
Social-ecological feedbacks and their implications for change and governance of human-environment systems.

Dienstag, 29.01.2013
Prof. Dr. Peter P. Mollinga, School of Oriental and African Studies (SOAS), London
Qualitative comparative analysis of water resources management: From explaining outcomes to theorising structured diversity.

 

 

Kurzfassungen der Vorträge

31.10.2012
Prof. Dr. Angela Stevens
, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Mathematische Modellierung von Zellbewegung und Strukturbildung.

Strukturbildung in entwicklungsbiologischen Prozessen wird u.a. stark durch Zellbewegung beeinflusst. Im Vortrag werden mathematische Modelle auf verschiedenen Skalen vorgestellt, die solche Prozessee und die Interaktion der beteiligten Zellen über chemische Signale beschreiben. Weiter wird die mathematische Analyse dieser Modelle auf Musterbildung der jeweiligen Zellpopulation hin beschrieben.

07.11.2012
Prof. Dr. Florian Jeltsch
, Universität Potsdam

Landnutzung in Savannen - vom Management komplexer, instabiler Systeme.

Savannen bedecken etwa 20% der festen Erdoberfläche und etwa 40% von Afrika. Weltweit tragen sie etwa 30% zur terrestrischen Nettoprimärproduktion bei mit einem wesentlichen Anteil an der globalen Kohlenstoffdynamik. Wie bei kaum einem anderen System der Erde ist dabei die Dynamik des Savannensystems durch komplexe Wechselwirkungen und Rückkoppelungen zwischen Klima, atmosphärischem CO2, Landnutzung und Vegetationsentwicklung geprägt. Umso größer ist die Herausforderung, Savannen nachhaltig zu nutzen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des stattfindenden und zukünftigen Klimawandels sowie der stetig wachsenden Bevölkerung in den Savannengebieten der Welt. Vor allem Trockensavannen Afrikas zeigen infolge klimatischer Veränderungen und Übernutzung bereits massive Verschlechterungen in Produktivität und ökologischem Zustand.
Ökologische Modelle können dabei helfen, die komplexen Zusammenhänge zwischen natürlicher Savannendynamik und menschlichem Einfluss besser zu verstehen. Der Vortrag stellt Ansätze und Ergebnisse aus über 15 Jahren modellgestützer Savannenforschung im südlichen Afrika vor. Dabei wird ein Bogen gespannt von Fragen langfristiger Savannenstabilität, über nachhaltiges Beweidungsmanagement unter gegenwärtigen und zukünftigen Bedingungen bis zu Konsequenzen des Savannenmanagements für die Biodiversität.

14.11.2012
Prof. Dr. Sven Lautenbach
, Universität Bonn

Ökosystemare Dienstleistungen - Konzept, Forschungsstand, Bewertungsansätze und Analyse von Zielkonflikten.

Ökosystemare Dienstleistungen beschrieben Dienstleistungen die die Natur für die Gesellschaft erbringt. In den letzten Jahren hat das Konzept an Bedeutung und Aufmerksamkeit gewonnen. Eine Auswertung der Literatur zeigt jedoch Forschungsbedarf gerade im Bereich der Modellierung ökosystemarer Dienstleistungen. Der Vortrag stellt das Konzept der Ökosystemdienstleistungen kurz vor und beschreibt anhand einer Literaturanalyse den Forschungsstand. Anhand von Beispielen (Bestäubung und hydrologische Dienstleistungen) werden Bewertungskonzepte und die Analyse von Zielkonflikten dargestellt. Die Analyse der Zielkonflikte beruht auf Ansätzen der mehrdimensionalen Landnutzungsoptimierung mit Hilfe genetischer Algorithmen.

28.11.2012
Prof. Dr. Jörn Fischer
, Leuphana-Universität Lüneburg

Integration by case, place and process: a small team approach to understanding social-ecological systems.

Interdisciplinary and transdisciplinary approaches are increasingly recognised as important to solve real-world sustainability problems. Yet, while support for such approaches is increasing, there is major methodological variability as to how interdisciplinary or transdisciplinary research should be conducted. Here, I draw on two case studies to summarise a pragmatic approach that is based on intensive research carried out by a small research teams. One (completed) case study took place in farming systems in Australia, and focused on sustainable grazing management. The other case study is currently taking place in Central Romania, and focuses on sustainable development, with specific interest in maintaining farmland biodiversity. In both case studies, researchers from the natural and social sciences focus on a specific geographical “place” at a landscape or regional scale. This scale is large enough to be regionally relevant, but also small enough to enable the development of genuine links with stakeholders. Within the defined study area, researchers from the natural and social sciences share common research “cases” – different types of farms in the Australian example, and different types of villages in the Romanian example. Sharing such cases facilitates communication between scholars from different disciplines because it provides clearly defined common focal units. Moreover, the stratified selection of cases enables for later extrapolation to the whole study area. Finally, both case studies are characterised by a flexible “process” of integration across project components. The process of integration is based on regular collaboration and flexible, cognitive synthesis, rather than on pre-defined conceptual or quantitative models. Working in small teams of scholars who each dedicate most of their time to the given project is critical for success of this research approach. Disciplinary boundaries become largely irrelevant in a small team environment that is conducive to foster trust and creativity.

05.12.2012
Prof. Dr. Felix Müller
, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Ökosystemare Bewertungsverfahren und Ecosystem Services.

Alle Eingriffe in die Umwelt provozieren komplexe Wechselwirkungen, deren Folgen im Rahmen von Risiko-Analysen häufig mit Hilfe von Indikatoren abgeschätzt werden. Dabei genügt es meist nicht, nur einzelne Kenngrößen für Gefährdungsabschätzungen heranzuziehen; vielmehr müssen die systemaren Wirkungsgefüge auch durch systemare Indikatorensätze abgebildet werden. Darüber hinaus verlangt das Nachhaltigkeits-Gebot eine integrative Betrachtung ökologischer Parameter im Kontext mit sozialen und ökonomischen Variablen. Im Rahmen des Vortrags werden zwei verschiedene integrative Bewertungsverfahren vorgestellt, nämlich das Konzept der ökologischen Integrität und das Konzept der Ecosystem Services (Ökosystem-Dienstleistungen). Während der erste Ansatz auf der Selbstorganisations-Theorie von ökologischen Systemen basiert, orientiert das Ecosystem-Service-Konzept an der Schnittstelle zwischen Ökologie uund Ökonomie und quantifiziert den Nutzen, den die Gesellschaft aus funktionierenden Ökosystemen zieht. Beide Konzepte werden vorgestellt und anhand von Fallstudien auf dem Landschafts- und Ökosystemniveau illustriert. Darüber hinaus werden Potenziale, Probleme und Grenzen der Umweltbewertungsansätze zur Diskussion gestellt.

19.12.2012
Prof. Dr. Klaus Troitzsch
, Universität Koblenz-Landau

Dynamische Modelle sozialer Systeme: Was an sozialen Systemen Besonderes ist, und warum wir agentenbasierte Modellierung brauchen.

Menschliche soziale Systeme sind von höherer Komplexität als alle anderen Systeme, weil ihre Mitglieder mit Fähigkeiten ausgestattet sind, die sonstige Lebewesen und unbelebte Dinge nicht haben. Zu diesen Fähigkeiten gehört vor allem die Fähigkeit, mentale Modelle von menschlichen Individuen und sozialen Systemen (und sogar von nicht Existierendem) zu bilden und über sie symbolisch zu kommunizieren. Dies führt dazu, dass neben der Emergenz erster Ordnung, die allen Systemen gemeinsam ist, in sozialen Systemen emergente Phänomene zweiter Ordnung vorkommen, die nur dadurch möglich sind, dass Menschen zur Immergenz fähig sind und damit nicht nur physikalischenund chemischen Einflüssen unterliegen, sondern auch symbolischen Kommunikationen, die nicht unmittelbar, sondern erst nach Interpretation auf ihre Aktionen wirken --- und diese Interpretation ist von ihrer erinnerten Vorgeschichte abhängig. Während emergente Phänomene erster Ordnung mit klassischen mathematischen Methoden (wie etwa der Mastergleichung) beschrieben und erklärt werden können, erscheinen agentenbasierte Modelle angemessener, um emergente Phänomene zweiter Ordnung zu beschreiben und zu erklären. Der Vortrag liefert einige Bespiele für beide Arten von emergenten Phänomenen.

16.01.2013
Prof. Dr. Tatiana Filatova
, University of Twente

Behavioral changes and crisis: modeling abrupt structural shifts in complex socio-ecological systems from the bottom-up.

Coupled socio-ecological systems (SES) are complex adaptive systems. It is well accepted that such complex systems are perpetually out-of-equilibrium. Dynamic SES may experience abrupt structural systemic shocks – housing bubbles, regime shifts in ecosystems, mass population migration, changes in political regimes, and other crises. These critical transitions may be triggered either by external shocks, e.g. natural hazard, or by gradual incremental changes in system elements, e.g. coral reefs bleaching, accumulation of green houses gases, financial crises, run on a bank, area depopulation. This talk aims to on explore how micro-level behavioral changes propagating through the socio-economic subsystem may cumulatively lead to critical transitions on macro level in coupled SES. Modeling and data collection methods are discussed. I focus on climate change adaptation as an example. Climate change threatens economic development by increasing the probability of severe disasters like floods or droughts. Rising hazard risks affect land-use and economic behavior causing non-marginal changes. Models are usually based on statistical trends and observations tuned on historic data and former functional relationships. However, there is no reason to assume that our preferences, perceptions and eventually choices remain the same – in other words that the response of socio-economic agents to changes in the environment is adequately captured by the knowledge about the past of the system. New information about risks, socio-economic dynamics, and exchange of opinions affects individual behavior altering land- and other resource-use choices and corresponding potential damage. It is a challenge to model such non-marginal changes as economic tools are designed to model marginal ones only. I discuss how agent-based modeling (ABM) helps incorporating adaptive expectations about dynamics of the environment and evolution of individual preferences and perception into spatial SES. Several examples of modeling behavioral adaptation under climate-induced floods and droughts will be discussed. The talk further expands into an ABM, which explores how the critical transitions in land use and associated land markets emerge from the bottom up as new information about growing flood hazards diffuses. The broader scientific goal of this research line is to explore the cumulative effects of adaptive economic behavior and social interactions in complex SES, providing new policy support tools for climate adaptation.

23.01.2013
Dr. Maja Schlüter
, Resilience Centre, Stockholm University

Social-ecological feedbacks and their implications for change and governance of human-environment systems.

The behavior of human-environment or so-called social-ecological systems (SES) is determined by the interactions between actors, institutions and the bio-physical systems they govern and depend on. The resulting social-ecological linkages and feedbacks determine the development of a SES over time and affect management measures and SES governance in an often unexpected way. Understanding the dynamic coupling of human and natural systems has thus emerged as a major research focus to address challenges such as climate change and the sustainable use of natural resources. However, there is still a lack of basic understanding of the nature of these social-ecological feedbacks. In this talk I will present empirical and model-based research on the role of social-ecological feedbacks in 1) trapping SES in undesirable states and 2) determining the response of SES to environmental variability. The examples are based on issues of water governance in the Amudarya river basin, Central Asia and the maintenance of cooperation in common pool resource exploitation.

Dienstag, 29.01.2013
Prof. Dr. Peter P. Mollinga
, School of Oriental and African Studies (SOAS), London

Qualitative comparative analysis of water resources management: From explaining outcomes to theorising structured diversity.

This paper proposes that systematic comparative analysis can help to do three types of work in water resources management studies: 1) make better sense of the diverse outcomes of the post-1990 generalintensification of water resources management globalization, 2) make use of the rich but fragmented water resources studies literature for knowledge accumulation and theory development, and 3) help to address the challenge of designing more contextualized water resources policy that avoids both the presently dominant prescriptive standardization and excessive localism. Drawing mainly on recent debates on and development of comparative methods in the field of comparative politics, the paper suggests that stepwise small-N/medium-N qualitative comparative analysis (QCA) as developed by Levi-Faur is a particularly suitable methodological approach for water resources studies. It is further suggested that taking an explicit critical realist stance allows expansion of the scope of stepwise small-N/medium-N QCA beyond what isclaimed for it in Ragin’s ‘configurational comparative methods’ perspective for analysing the complexity of causality as‘multiple conjunctural causation’. It will be argued that thiscombinatorial, set-theoretic approach when incorporated in a critical realist ontology of structure, mechanisms and events, allows step-wise theory development (including relational typology design), rather than just explaining certain sets of ‘outcomes’. Examples of comparative research designs aiming at this will be discussed.